Aufmerksamkeit

Seit einigen Tagen ist der Sohn abends abgetaucht. Fortnite hat eine neue OG-Serie gelauncht. Die fordert Aufmerksamkeit. Bereitet Vergnügen. Man trifft sich online, zockt zusammen, verbringt ein paar gute Stunden zusammen. 

Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel gelesen. Leider finde ich ihn nicht mehr. Aber in Summe geht es um folgende Theorie. Der Grund, warum viele Gastronomien schließen, ist, dass sie ausgetauscht wurden. Sie haben keine Aufmerksamkeit mehr. Oder nicht mehr genug. Gerade von jüngeren Generationen. Im Grunde genommen möchte der Mensch sich treffen. Austauschen. Mit seinen Freunden abhängen. Die Möglichkeiten haben sich drastisch geändert. Das Treffen, der Austausch, das Abhängen kann mittlerweile in so vielen Formen stattfinden. Gastronomie ist nur noch ein kleiner davon. So haben das Gen Z und die kommende Alphas gelernt. 

Ein anderer Artikel befasste sich mit dem Dating. Wo habe sich früher Menschen als Paare kennengelernt?  In den 40 und 50 Jahren war der größte Einzugskreis die Familie, Freunde, Schule und Universität. In den 70er und 80er Jahren wuchs der Faktor Bars und Restaurants extrem. Um dann in den 90ern langsam zu stagnieren. Um die Jahrtausendwende kam Online-Dating. Das Wachstum ist krass. In 2020 hat es Gastronomie deutlich überholt. 

Ich bin 1995 in die Großstadt gezogen, um Leute kennenzulernen. Sich auszutauschen. Zu treffen. In meiner Zeit war das nahezu nur in Gastronomie möglich. Und so hatte ich das gelernt. Man hat in Cafés abgehangen. In Kneipen und Bars getrunken. Dabei war Alkohol oft ein Nebenprodukt des „sich Treffens“.

Natürlich findet das auch heute noch statt. In jeder Generation. Ich kann das jeden Abend im Löwen beobachten. Erfreulich. Aber in Summe gibt es deutlich mehr Mitbewerber um die begrenzte Aufmerksamkeit von Gästen. Das ist nicht die andere Bar. Sondern der neue Fortnite OG Release. Oder die neue Netflix Serie.  Die Auswahl wird größer. Gastronomie hat einen kleineren Platz in der großen Vielfalt der Freizeitgestaltung. 

Ähnlich wird man das in den kommenden Tagen auf seinen sozialen Medien beobachten. Der „Social Feed“ ist voll von Freunden, Weihnachten, Festtagen. Alle Posten plötzlich mehr, und der Traffic, gerade für gewerbliche Kanäle sinkt. Man hat einfach nicht die Aufmerksamkeit. In diesen Tagen große kreative Ideen oder Kampagnen posten, ist undankbar.

Gäste haben unterschiedliche Interessen. Gerade unterschiedliche Generationen sind anders sozialisiert worden. Sich darüber Gedanken zu machen wann, wie und wo man Ihre Aufmerksamkeit einfach bekommen kann, und wann und wo bereits zu viele andere Akteure um ihre Aufmerksamkeit buhlen, ist ein Teil des Bar-Business. Es dann anders zu machen, oft ein guter Weg.