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Besser als New Work! Bei 20 Stunden Vollzeit mehr Netto. Ein Konstrukt.

Weißt du, wie die Definition von VOLLZEIT Arbeit lautet? In Naher Zukunft könnte eine Gestaltung hier interessant werden.

New Work sträubt sich, Arbeitszeiten zu definieren und verbindlich zu zählen. “Wir zahlen für die erreichten Ziele nicht nach Stunden”. Mach doch Homeoffice. Und ne Workation. Arbeite, wann und wo du willst.

Auch wenn sich seit Jahren Teile der Gesellschaft in Irrungen und Wirrungen von New Work verlieren, bedeutet Arbeit in der Bar “Arbeit nach Stunden”. Und wenn man sich die deutsche Rechtsprechung zum Arbeitsrecht anschaut, möchte der Gesetzgeber, zumindest für alle Positionen unterhalb eines besser bezahlten Managements, auch genau das: Einen Arbeitsvertrag mit Stunden, genaue Zeit Erfassung und einem Stundenlohn. Das könnte der Bar jetzt zum Vorteil werden.

Wenn man eine Bar betreibt, stellt man schnell fest, dass viele Arbeitsverträge mit “klassischen” 40 Stunden Wochen eher unpraktisch sind. Die cleveren Arbeitgeber bieten 32 oder 36 Stunden pro Woche an. Nach außen verkauft man das in der Regel als Feature oder halt als Arbeitnehmerfreundlich. Eigentlich hat es aber einen ganz anderen Grund: Es macht die Dienstplangestaltung deutlich einfacher und legaler. Hintergrund sind recht restriktive Arbeitsschutzgesetze, die eine, natürlich bezahlte, Mehrarbeit schwierig machen.

40 Stunden Verträge sind damit unflexibel. Bei weniger festen Stunden im Vertrag hat man deutlich mehr Flexibilität, Überstunden zu machen. Damit kann ich dann schneller unerwartete Umsatzspitzen abdecken. Oder Krankheitsfälle überbrücken. Außerdem sind Mitarbeitende, die fest nur 3 oder 4 statt 5 Tage die Woche arbeiten, meistens willens, mal schnell für einen bezahlten Zusatztag einzuspringen.

Nachteil: Wer weniger Stunden arbeitet, hat im Regelfall ein geringeres Einkommen. Das macht die Gastronomie natürlich wieder zu einem unattraktiven Arbeitsplatz. Zumindest im ländlichen Raum oder in der Tagesgastronomie. Nacht-Bar in der Großstadt sieht da mit steuerfreien Nachtzuschlägen und hohen Trinkgeldern schon wieder ganz anders aus.

Da kann man auch mit drei oder vier Tagen gut verdienen. 

Interessant wird in naher Zukunft die Frage, ob es Sinn macht, möglichst schnell darüber nachzudenken, alle Arbeitsverträge, also das ganze System im Haus umzustellen. Sagen wir zum Beispiel auf 32, 30 oder gar nur 25 Arbeitsstunden pro Woche für alle Mitarbeitenden.

Hintergrund: Unsere sehr gute Regierung und unser sehr kluger Finanzminister wollen “Lust auf Überstunden” machen und planen eine Steuerfreiheit für Überstunden und Überstunden Zuschüsse. Statt einfach die Steuern zu senken, plant man also ein Bürokratiemonster.  Dazu gibt es folgende Ansätze:

  • “Wir” wollen Lust auf Überstunden machen
  • Eine begrenzte Anzahl von Überstunden sollen steuerfrei werden, Überstundenzuschläge ebenfalls steuerfrei
  • Damit clevere Arbeitnehmer und / oder Arbeitgebern hier nicht "optimieren", gilt das nur für Vollzeit Stellen. Nicht für Teilzeitstellen.
  • Dass hiermit massive geringer Verdienende in Teilzeit wie z.B. Alleinerziehende benachteiligt werden, ist aktuell geplant.
  • Vollzeitstellen bedeutet für die meisten Deutschen, gerade im unteren Lohnsegment, 36 oder 40 Stunden pro Woche
  • Das Deutsche Arbeitsschutzgesetz lässt keine deutliche Stundenzahl über 40 Stunden zu. 
  • Das bedeutet, dass für diese Vollzeitarbeitsplätze die Möglichkeit zum steuerfreien Mehrverdienst eher geringer ist.
  • Also, mehr Bürokratie, mehr Verwaltung, keine echte Entlastung für Arbeitnehmer. Viel Lärm um Nichts

Allerdings habe ich mir gerade einmal die Definition von Vollzeit angeschaut. Das ist nämlich durchaus nicht so einfach zu definieren. Oft ist hier von 35- oder 40-Stunden-Woche die Rede. Wenn man aber genau hinschaut, ist Vollzeit in den meisten Fällen über die betrieblich übliche Arbeitszeit definiert. Wenn ich das richtig verstanden habe, bedeutet das also: Wenn alle Arbeitsverträge 30 Wochenstunden im Betrieb vorsehen, sind 30 Stunden in diesem Betrieb dann die Definition von Vollzeit. 29 Stunden Verträge und weniger Stunden wären dann Teilzeitverträge. Hinzu kommt eine genaue Definition im Arbeitsvertrag. Allerdings konnte ich aktuell keine Untergrenze finden.

Nehmen wir mal an, eine kleine Bar mit 4 Mitarbeitenden hat jetzt für alle einen 20 Stunden pro Woche Vertrag. Aber die Verträge regeln sauber, dass Überstunden gemacht werden können. Und dass es eventuelle Überstundenzuschläge gibt (künftig steuerfrei). Meines Wissens sind Überstunden nur auf die maximale Arbeitszeit von 48 Wochenstunden begrenzt. 

Das würde bedeuten: In der kleinen Bar wären 20 Stunden pro Woche Vollzeit. Wenn aber mal 40 Stunden gearbeitet werden, ist die Hälfte der Stunden steuerfrei / bzw. die Anzahl der begünstigten Stunden und Zuschläge.

Ich bin kein Rechtsanwalt oder Steuerberater und dieses theoretische Gedankenspiel ist ohne Haftung. Ich bin mir aktuell nicht sicher, ob und wie man das legal umsetzen kann. Das werde ich jetzt mal prüfen. Und das solltest du dann auch mit Rechtsanwalt oder Steuerberater tun. Und dies soll kein Aufruf zur getürkten Steuerhinterziehung sein. Sondern ein Denkanstoß rechtzeitig legal so zu gestalten, dass deine Arbeitgeber tatsächlich möglichst viel "mehr Netto" bekommen.

Aber selbst wenn das extreme Konstrukt der Gesetzgebung nicht standhalten wird, wäre ja auch schon eine betriebliche Definition von 35 statt 40 Stunden Vollzeit eine gute Gestaltung von +20 Monatsstunden oder +200 Stunden pro Jahr pro Mitarbeitenden. Gerade kleine Gastronomiebetriebe können hier sicherlich schnell gestalten. 

Wie man dann allerdings Überstunden in der “Wir zählen keine Stunden” New Work Welt definieren will, kann ich auch nicht beantworten. Aber: kleine Gastronomiebetriebe sollten über die Gestaltung der Definition von Vollzeit in ihrem Haus nachdenken.