Darum machen wir es...

Es ist Mittwochabend. Jeder Platz ist besetzt. David macht die Bar. Ihm dabei zuzuschauen, ist ein „Insider“ Vergnügen. Weil man Erfahrung braucht, um das richtig einzuordnen. David ist ruhig. Konzentriert. Schnell und sauber. Die Bon Reihe wächst. Aber sie hat gegen David keine Chance. So sehr wir buchen, es staut sich keine Welle auf. Es wird abgearbeitet. Schnell, akkurat, ohne viel Aufsehen. Das anzusehen, bereitet Vergnügen.
Vorne an der Bar, dort wo die Kellner, also ich, auf Drinks warten, nehmen zwei Frauen platz. Die eine vielleicht so 30. Die andere vielleicht so 50. Es könnten Tochter und Mutter sie. Oder die Tante. Sie sind ein wenig wie David. Sie strahlen klassische Eleganz aus. Ruhe. Freundlichkeit.
Eine innere Schönheit. Ich höre Spanisch, spreche sie auf Englisch an, reiche die Karte. „What would you recommend? What do people like to order here?“ fragt die ältere Dame
Ich zähle unsere Klassiker auf. Die Top Seller. Gin Basil Smash, Porn Star Punch, Meyer’s Espresso Martini, Mandarine Negroni.
Die ältere Dame schwankt zwischen Porn Star Punch und Mandarine Negroni. Entscheidet sich für unseren Mandarine Negroni. Klassische Eleganz. durch und durch. Also sie.
Das bereitet mir Vergnügen.
Die jüngere Dame sagt, sie war schon einmal bei uns. „Do you still serve your Martini in this Set with the giant olives?“
Ich nicke. Sie erklärt ihrer Begleitung was auf Spanisch. Es hört sich begeistert an. „Martini with THE OLIVES please“ lacht sie.
Gerne.
Der Martini nach Löwen-Art wird bei uns auf einem kleinen Tablet serviert. Ein kleiner Teil ist in einem gefrosteten Mini Glas, der Rest des Martinis kommt in eine kleine Karaffe, die in einer kleinen Ice Bowl kalt bleibt. Dazu gibt es eine kleine Schale mit riesigen, nussigen, grünen Oliven.
Wenn eine Order für Martini nach Löwen-Art ausgelöst wird, kommt ein Getränke Bon zum Bartender. Und eine Bon mit „Martini Oliven“ geht in die Küche. Kaies fertig die dann an, und stellt sie an die Ausgabe. Drinks und Oliven können dann zusammen serviert werden.
Ich gehe zu Kaies, der die Oliven gerade anrichtet. „Bitte eine weitere Portion Oliven, getrennter Teller. Und dazu eine Portion Tarallini bitte.“ Tarallini ist eine kleine Teig-Spezialität aus Italien. Kleine Teig-Ringe in Olivenöl ausgebacken. Ich nehme die drei Tellerchen mit und platziere sie an der Ausgabe.
David hat die Drinks für die beiden Damen fertig. Ich service die Drinks. „And here are your favorite olives“, sage ich zu der Martini Dame, die sich freut. Ihr Begleitung ist begeistert.
"I hope you'll allow it. But to prevent any understandable, possible jealousy, we also got you olives,"sage ich, und stelle sie mit einem Augenzwingern der Negroni Dame hin.
Die Freude ist groß.
"However, I'm well aware that this could be seen as unfair if only one of you receives an extra gift. To prevent this please try the tarallini." sage ich und stelle die Tarallini in die Mitte der Beiden.
Herzliche Freunde und Lachen schlägt mir entgegen. Wir witzeln noch ein wenig herum. Dann kümmere ich mich um andere Gäste. Die Damen sitzen eine gute Stunde an der Bar, haben eine tolle Zeit, unterhalten sich herzlich, strahlen Klasse und Eleganz in den Raum aus.
Auch ich bin glücklich. Kleine Gesten. Kleine Freuden. Jedem Gast die drei Sekunden Extra-Aufmerksamkeit schenken, wenn es irgendwie möglich ist. Dafür machen wir es.
Ich glaube, viel zu wenige Menschen sind glücklich in ihren Berufen.
Ich bin es.
Wegen 50 x drei Sekunden am Abend. Und dem Lächeln in den Augen.