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Das Nicht-Restaurant zum Löwen. Sich hochschaukeln.

Das Ausgehverhalten ändert sich. Wir wollen mehr Essen servieren. Step No.1.: Den Besteller beim Food abschaffen.
Das Nicht-Restaurant zum Löwen. Sich hochschaukeln.

Als Rainer und ich vor 18 Jahren das Le Lion eröffnet haben, haben wir die Bar als Speisegaststätte konzessioniert. 

Neben einer umfangreichen Weinkarte, die niemanden interessiert hat, haben wir auch eine recht umfangreiche Auswahl an Speisen serviert. Viele „kalte“ Klassiker. Krabbensalat, überbackener Ziegenkäse, bis hin zum 1/2 Hummer. Darüber hinaus haben wir fünf Desserts serviert. Hausgemachtes Eis (fairerweise vom Café Paris hausgemacht) bis hin zur Crème Brûlée. Gäste sollten das Restaurant vor dem Dessert verlassen, um Dessert und erste Drinks bei uns zu nehmen.

Das funktionierte ganz gut. Also für die ersten 4-5 Monate. Wir hatten keinen Koch, bzw. jemanden festes für die Küche. Mario, Marcel, Gonçalo und ich habe die Speisen angerichtet. Gute Vorbereitung und Support von Michael Hermes aus dem Café Paris waren die Garanten. Und die Bar an den meisten Tagen noch nicht so stark besucht wie heute.

Aber es kam der erste Sommer. Und damit eine Zeit, an der wir fast keine Gäste hatten. Gonçalo ging zurück nach Berlin. Marcel verließ uns später, Mario und ich machten die Bar größtenteils alleine. Es wurde so ruhig, dass wir selbst die Putzkraft entließen und vor der Schicht putzten. Samstagabende mit dreihundert Euro Umsatz statt früher drei, viertausend. 

Und das Essen verdarb. Qualität war und ist oberste Prämisse und so war schnell klar, dass eine gut vorbereitete Küche ohne Gäste sinnlos war. Wir schafften das Essen ab.  Im Winter wurde es wieder voller. Wir brachten ein ganz wenig Essen zurück. Mittlerweile standen wir für gute Drinks. Nicht für Essen. Es gab keine Nachfrage mehr.

Heute ist die Situation eine andere. Nach wie vor ist die Essensauswahl eher gering. Nicht, weil wenig los ist. Eher, weil viel los ist. Und die Bar Back Position viel zu tun hat. Sprich: es ist jetzt jemand den Abend über für Back of House und unserer Küche verantwortlich. Hat aber oft soviel zu tun, dass er nicht zwingend viel mehr Essen zubereiten kann. 

Aber der Plan für 2025 ist klar: Mehr Essen anbieten. Denn das Ausgehverhalten ändert sich. Oder wir. Dabei geht es nicht um eine „Restaurant“. Sondern klassisches Bar Food. Ganz einfach und simple anfangen. Langsam mehr werden.

Drei Dinge sind dabei wichtig: Erstmal unbeliebt machen. Wir haben einen Klassiker auf der Karte, der am meisten bestellt wird. Unsere Canapé Etageren. Von den prozentual gesehen wenigen Essensbestelllungen, die wir haben, ist es der Besteller. Also: den "Klassiker" abschaffen. Denn die Zubereitung ist einfach zu Zeitaufwendig und bringt unsere Back of House schon heute an vollen Abenden in Schwierigkeiten. Es gibt etliche Stammgäste, die das lieben. Aber ehrlich gestanden ist der Bestseller von „Wenig“ kein Argument.

Wichtig ist, dass es wirklich "Barfood" ist. Kleine Teller, kleine Gerichte, „Snackbar“. Denn die Bar ist nicht als Restaurant gebaut. Kleine Tische, tiefe Tische, keine Esshöhe. Man muss das im Prinzip mit einer Hand lässig essen können. Andererseits bringt die große Freiheit. Wir stehen für nichts. Alles ist möglich.

Drittens: ich möchte keinen Koch einstellen. Die Gesamtkapazität für Le Lion ist zu gering, als dass es wirklich eine feste Stelle für Food bei uns geben sollte. Sprich, das Bar Team, der Bar Back muss das problemlos und erstklassig zubereiten können. 

Also, wie so oft, werden wir uns hochschaukeln. Eine Technik, die ich oft für viel besser halte, als alles vermeintlich zu Ende zu denken und mit großem Plan alles durchzusetzen.

Hochschaukeln: ein kleines, neues Gericht. Testen. Simpel aber gut. Feedback holen, perfektionieren. Dann das nächste. 

Früher war die Ausrichtung, dass wir eine Kleinigkeit anbieten können, wenn der dritte oder vierte Drink dann doch wieder Hunger verursacht.

Heute glaube ich, dass sich das Ausgehverhalten etwas mehr ändert. Ausgehen ja, aber es muss nicht immer mehr das Restaurant sein. Daher glaube ich, dass Casual Food gut für uns sein wird. Ganz ohne die Intention ein Restaurant sein wollen, manchmal eine Alternative zum Restaurantbesuch zu werden.

Also ab Februar gehts beim Essen zwei Schritte vor, einen zurück. Ich werde berichten. Noch suchen wir. Was ist das perfekte Barfood. Was passt in den Löwen?  Was würde man sich im Löwen wünschen? Und ich freue mich auf Anregungen.