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Das Umsatzsteuer Dilemma beim Gutschein Verkauf in der Gastronomie. Einzweck und Mehrzweck Gutscheine

Gutschein ist nicht gleich Gutschein. Kleine Steuer-Stolper-Fallen
Das Umsatzsteuer Dilemma beim Gutschein Verkauf in der Gastronomie. Einzweck und Mehrzweck Gutscheine

Die Weihnachtszeit kommt näher. Und es mehren sich auf einigen Kanälen die Anfragen nach Gutscheinen für unsere Bar Le Lion. Aktuell bieten wir keinen Gutscheinverkauf an. Wir werden das wieder ändern, wenn wir das Kassensystem „hochgestuft“ haben. Aktuell nutzen wir noch die alte Gastrofix Version des Lightspeed Kassensystems. Beim Upgrade auf die neue Lightspeed Serie werden wir wieder Gutscheine anbieten. Ob das in diesem Jahr klappt, ist noch nicht ganz sicher. Aber Gutschein Verkauf fasse ich erst wieder an, wenn wir hier eine saubere Kassenintegration haben.

Früher haben wir Gutscheine, recht edel aufgemacht, verkauft. Wir nannten es die BASIL CARD. Es gab für den Wert von zwei Gin Basil Smash eine physische Karte. Grandios gestaltet mit Ms Basil von Olaf Borchard. Hamburger Illustrator, Künstler und Löwen Stammgast. Die Karte war schön. Aufwendig. Zeitintensive durch Versand. Und hat immer wieder zu Fragen / Fehlern in der Abrechnung geführt. Außerdem, leider, war die Basil Card nach neuer Definition, ein sogenannter Einzweck Gutschein. 

Was viele Gastronomen immer noch falsch machen: sie kümmern sich nicht um den Unterschied von Einzweck und Mehrzweck Gutscheinen in ihrer Gastronomie.

Zu der gesetzlichen Definition im Umsatzsteuergesetz (UStG) § 3 Lieferung, sonstige Leistung - Abschnitt 13,14,15  kommen zusätzliches Schreiben des BMF ( z.B. vom 02.11.2022) Auf Corona spezifische Probleme (geänderte Umsatzsteuerwerte für z.B. Speisen etc.) gehe ich hier nicht ein. 

Ein Coupon, ein Rabattgutschein etc. sind kein Gutschein. Gutscheine, steuerlich betrachtet, gibt es in zwei Varianten:

Einzweck Gutschein

Einzweck Gutschein: Schon beim Verkauf des Gutscheines steht der Ort der Lieferung bzw. Leistung fest und aufgrund der Leistung  ist die Höhe der Umsatzsteuer eindeutig ermittelt.

Bedeutung: Einzweck Gutscheine dürfen nur mit Umsatzsteuer verkauft werden. Der Umsatz findet beim Verkauf statt. Das Einlösen der Leistung später ist kein Umsatz und es wird keine Umsatzsteuer ausgelöst. In der Praxis bedeutet das: beim Verkauf des Gutscheines muss eine Rechnung mit Mehrwertsteuer erstellt werden. Beim späteren Einlösen des Gutscheines wird keine Rechnung mit Mehrwertsteuer erstellt.

Mehrzweck Gutscheine

Mehrzweck Gutscheine: Es steht beim Verkauf weder der Leistungsort fest und/ oder die sich aus der Leistung ergebende Umsatzsteuer.

Bedeutung: Bei Ausgabe und Übertragung des Gutscheins liegt im Ergebnis ein umsatzsteuerlich unbeachtlicher Tausch von Zahlungsmitteln vor. Das heißt, man tauscht ledig Zahlungsmittel. Ein Mehrzweck-Gutschein ist quasi ein Zahlungsmittel, welches der Gastronomen für seine Betriebe ausgibt. Bei der Ausgabe des Mehrzweck Gutscheines darf keine Rechnung ausgegeben werden. Und keine Mehrwertsteuer berechnet werden. 

Die Mehrwertsteuer und Rechnung wird erst beim Einlösen des Gutscheines erstellt. Erst dann entsteht der Umsatz. Der Kunde zahlt dann quasi mit der „Ersatzwährung Mehrzweck Gutschein“.

Hinweis: Bei Ort ist meines Wissens das Land, in dem die Umsatzsteuer berechnet wird, gemeint. Nicht eine Adresse der Bar. Da es große Anbieter gibt, deren Gutscheine in vielen Ländern gelten. 

Beispiel 1

Ich verkaufe einen klar definierten Gutschein für zwei Gin Basil Smash in meiner Bar Le Lion. Dieser Umsatz kann nur mit aktuell 19 % MwSt verrechnet werden. Also ist die Mehrwertsteuer bei diesem Gutschein definiert.  Einzweck Gutschein. Der Gutschein für zwei Gin Basil Smash wird mit 19% MWSt verkauft. Der Umsatz wird am Tag des Verkaufs erfasst. Wenn die Gäste den Gutschein einlösen, erhalten sie die Dienstleistung zwei Gin Basil Smash. Dafür darf am Einlösetag keine weitere Rechnung erstellt werden. Der Umsatz wurde bereits registriert und die Umsatzsteuer beim Verkauf erfasst. 

Beispiel 2

Ich verkaufe einen Gutschein für ein Restaurant oder eine Bar. Die Mehrwertsteuer ist für alle möglichen Umsätze im Haus 19% MwSt. Daher ist dieser Gutschein wie oben ein Einzweck Gutschein

Beispiel 3

Ich verkaufe einen Gutschein für ein Restaurant oder eine Bar.  Das Haus bietet Speisen außer Haus an. Die Mehrwertsteuer für alle möglichen Umsätze kann somit beim Einlösen variieren. Denn es ist möglich, dass der Gutschein auch für außer Haus Speisen mit. 7% angeboten wird. Daher ist dieser Gutschein ein Mehrzweck Gutschein.

Schwierigkeiten beim Gutschein-Verkauf:

Sortimentswechsel: Wenn sich im Laufe des Geschäftsbetriebes die Art der Leistungen verändert, und damit auch die möglichen Umsatzsteuerarten

Rückerstattung: Einweggutscheine müssen ordnungsgemäss „zurück“ gebucht werden. Auch die Umsatzsteuer muss zurückgebucht werden. Bei Mehrweggutscheinen darf lediglich der Betrag zurückgezahlt werden, nicht aber die Umsatzsteuer bzw. der Umsatz muss zurückgebucht werden.

Vorsteuerabzug: Einzweckgutscheine müssen mit Umsatzsteuer verkauft werden. Allerdings sehen diese Gutscheine in der Regel keine genaue Definition der Dienstleistung vor. Damit können Vorsteuerabzugberechtigte Käufer Problem bekommen. Denn Vorsteuerabzug ist eigentlich nur möglich wenn die Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung ausgewiesen werden.

Vorsteuerabzug beim Einlösen von Einzweck Gutscheinen. Beispiel: Gast verzehrt für 150 Euro. „Zahlt“ einen Teil der Rechnung mit einem Einzweck Gutschein in Höhe von 50 Euro. Die Rechnung, die er bekommt, darf aber nur auf 100 Euro lauten und die abzugsfähige Umsatzsteuer ist nur auf den Restwert, 100 Euro, ausgewiesen. Bei Mehrzweck Gutscheinen wiederum kann der Gast die auf 150 € voll ausgewiesen Mehrwertsteuer abziehen. Das führt oft zu Diskussionen und Missverständnissen im Service.

Gestaltungsmöglichkeiten - Sei sicher, dass du Mehrzweck Gutscheine ausstellst.

Wenn richtig definiert, ist die Ausgabe von Mehrweggutscheinen kaufmännisch attraktiver. Zum einen, das zählt für beide Gutschein-Arten, werden nie alle Gutscheine eingelöst. Man muss die gesetzlich vorgeschrieben Gültigkeit beachten, aber danach muss für die Zahlung keine Leistung mehr erbracht werden.

Bei Mehrzweck Gutscheine muss die Umsatzsteuer nur beim Einlösen abgeführt werden. Auch ertragsteuerlich findet mit der Gutscheinausgabe keine Gewinnrealisation statt. Das heißt der Umsatz und die Gewinnrealisierung findet erst beim Einlösen oder beim Ablauf (meist nach drei Jahre) statt. Je nach Gutschein-Geschäft eine vier oder fünfstellige Summe, die ich drei Jahre als Darlehn ohne Steuern nutzen kann.

Wichtig: Bevor du Gutscheine verkaufst, mache das wasserfest, mit deinem/r Steuerberater/in . Es gibt viele Fallstricke. Mehrzweck Gutscheine sind meiner Einschätzung nach deutlich unkomplizierter und interessanter. Stelle sicher, das deine Definition hier zweifelsfrei ist.

Abschließend: Ein Haftungsausschluss. Ich bin weder Rechtsanwalt noch Steuerberater. Lediglich Unternehmer. Wer Rechtssicherheit oder aktuelle steuerliche und fachliche Beratung wünscht, möge eben einen Rechtsanwalt oder eine Steuerberaterin kontaktieren. Ich übernehme keine Haftung für den Inhalt dieser 

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Die tollen Illustrationen von Olaf Bochard: https://www.illusbyolaf.com