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Du willst eine Droge verkaufen, der Gast liebt aber zwei.

Immer Sommer wird auf der Terrasse geraucht. Das erfordert Moderation. Aber wer eine Droge verkaufen will, sollte die zweite nicht ganz vergessen.
Du willst eine Droge verkaufen, der Gast liebt aber zwei.
Aschenbecherservice im Löwen.

Ihre Tage sind gezählt. Im Oktober ist es vorbei. Dann heißt es wieder: in der Kälte stehen. Vor der Tür.  Wobei, wenn ich ehrlich bin, ist die „Raucher Ecke“ auch im Winter oft ein großer Spaß. Doch jetzt genießen Sie das gute Wetter und unsere Drinks. Und Ihre Zigarren und Zigaretten auf der Terrasse. 

Wer sein Berufsleben seit jeher um den Verkauf von legalen Drogen gebaut hat, betreibt hier natürlich Feldstudien. Von außen betrachtet sind es Raucher. Das ist eine banale Vereinfachung, meist etwas lapidar von Nichtrauchern zur Klassifizierung genommen. Dabei ist das Thema komplex. Komplexer als man denkt, insbesondere in den letzten Jahren, wo viele neue Formen des “Rauchens”, wie E-Zigaretten, “Vapen” etc. in Mode gekommen sind. Neuerdings darf Gras in gewissen Konstellationen “legal” geraucht werden, Zigaretten sind unglaublich vielfältig, Zigarren ein ganz anderes Kaliber. Sowohl von Machart, empfundener Rauchbelästigung als auch vom Typus des Konsumenten. 

Die Regeln zum Rauchen in-Door sind Team und Gästen leicht zu vermitteln:

Nein! 

Gerade neuere Erscheinungsformen von E-Zigaretten verleiten Gäste dazu, es auch drinnen, größtenteils in der Kombination von “Voller Laden am Wochenende”, erhöhter Alkoholspiegel und heimlich, “wird schon keiner Merken”, zu versuchen.

Hier findet der klassische "drei Schritte Rausschmiss" Anwendung:

  1. Bemerken: Gast freundlich ansprechen und darauf hinweisen, dass Rauchen im Haus nicht gewünscht ist.
  2. Erneuter Verstoß: Gast ermahnen. Noch freundlich, aber direkter.
  3. Erneuter Versuch: Rechnung, freundlich und bestimmter Rausschmiss, bei gepöbel: Blacklist und Hinweis ans Team

Draußen hingegen ist das Regelwerk komplexer. Besser gesagt: Es gibt kein klaren Regel. Schlimmer noch: Willkür ist auch dabei. 

Vorab: Ich mag Raucher. Oder genauer formuliert, ich mag tolle, freundliche, interessante Menschen. Auf geschäftlicher Ebene: insbesondere solche, die sich entschieden haben, meine Bar zu besuchen. Und die Abhängigkeit von Nikotin sagt ja nichts darüber aus, was für ein Mensch das ist. Grundsätzlich mögen Barbetreiber Menschen, die legale Drogen konsumieren, sich der Versuchung hingeben und für einen Abend unvernünftig sind. 

Ich habe im 7cl-Business Newsletter schon einmal darüber geschrieben, dass das Business Konzept „Raucher Bar“, was in einigen Bundesländern noch umsetzbar ist, mittlerweile meiner Meinung nach ein schlechtes ist. An den letzten Plätzen, an denen jetzt noch “drinnen” geraucht werden darf, kommen zu viele nur noch wegen des Rauchens, und sie trinken dann etwas dazu. Für eine Bar ist es aber wichtig, dass die Gäste wegen der guten Drinks kommen, und dann nebenher auch noch rauchen können. 

Aber im Löwen sind wir seit Gründung 2007 “Nichtraucher Bar” - also Indoor. 

Vor der Tür “regulieren” wir wenig. Mich freut es im Sommer zu sehen, wenn die Gäste draußen sitzen und die Terrasse genießen. Und die Raucher da, dann auch sitzend, mit guten Drinks, ihrer zweiten Droge frönen können.  

Mein Eindruck ist, dass wieder mehr geraucht wird. Klassische Zigaretten und Zigarren. Viele jüngere Gäste rauchen wieder mehr klassische Zigaretten. Nahezu ausschließlich Männer, ich sage mal so ab 30, wieder mehr Zigarre. Einfach nur unwissenschaftliche Beobachtungen, ohne Meinung. Festgestellt bei einer Zielgruppe, die eine hochpreisige klassische Bar in der Hamburger Innenstadt besucht. 

Ich habe meine erste Bartender Stelle in einem privaten Zigarren-Club gestartet. Und selbst einige Jahre Zigarre, als auch Zigarette, geraucht. Wenn wir draußen auf der Terrasse bedienen, mag ich den Geruch von Zigarre. Viele Nichtraucher hassen das, fühlen sich oft gestört, empfinden den Rauch als übergriffig. 

Aber, und das freut mich, im Sommer sind alle etwas entspannter. Und jeder gönnt dem anderen auf der Terrasse.  So sitzen draußen die Zigarren Raucher neben dem Nichtraucher Tisch, und wenn es doch jemanden stört, versuchen wir zu moderieren, den Tisch aus der Windrichtung umzusetzen.

Cannabis Konsum ist bei uns unerwünscht, komische Aroma-Zigaretten, wenn es unerträglich nervt, werden angesprochen.

Aber dann gibt es auch so Momente, da sitzen vier charmante Gäste seit zwei Stunden auf der Terrasse, haben eine vorzügliche Zeit, zwei davon rauchen eine Zigarre. Daneben setzt sich ein Tisch mit vier Gästen, knallen ihre Rucksäcke irgendwo hin, und das Erste, was statt “Guten Abend” kommt, ist “Das mit dem Rauch nervt aber richtig”. Und du antwortest, obwohl du weißt, dass ein anderer Tisch gleich frei wird, und du sie umplatzieren könntest, “Pardon, lässt sich nicht ändern” und hoffst, dass sie aufstehen und gehen. Wir können nicht alle glücklich machen.

Und dann gibt es andere Tage, wo wir uns kümmern, umsetzen, und versuchen alle glücklich zu machen. 

Draußen gibt es bei uns keine zu Ende definierten Regeln. Draußen ist die Straße. Und das Gesetz der Straße sind keine Paragrafen. Jeden Glücklich zu machen, kann man nicht immer in Regeln fassen. 

Und so sitzen da im Sommer die “Raucher” und genießen unsere Terrasse. Es bereitet uns etwas zusätzliche Arbeit, Moderation und Vergnügen. Unsere Aufgabe ist es ja, Menschen eine gute Zeit zu bereiten. Während sie das Zellgift Alkohol genießen und sich berauschen. An ihrer Gesellschaft, am Leben und wahlweise noch an der zweiten Droge Nikotin.