Ein Bar-Spaziergang in München. Trinken mit Kostas.
Gestern habe ich einen guten Freund besucht. Kostas.
Kostas ist seit Jahrzehnten eine Säule des Schumann’s Bar Team in München. Und eine, in unserer Branche eher ungewöhnliche Arbeitsbedingung, verschafft Schumanns Mitarbeitenden einen wahren Luxus. Das Schumann’s ist am Samstag geschlossen. Bzw. Charles vermietet es am Samstag in ausgewählten Fällen für Veranstaltungen, so auch gestern. Und das Stammteam, wie Kostas, hat Samstags frei. Was spricht also gegen einen Bar-Spaziergang?
Wir trafen uns im Schumanns, die Vorbereitungen für eine Lesung von einer Freundin von Charles liefen. Wir klauten dem Personal einen kleinen Teller Personalpasta, die Charles gerade gekocht hatte und machten uns bereit für eine Samstag Abend Bar-Spaziergang durch München. Ein ungewöhnliches Vergnügen. Denn Samstag bedeutet in der Regel: Arbeit in der Bar, Full House, Love it or leave it. Aber heute dann einmal von anderer Seite. Auch für mich eher selten. Sehr zu empfehlen. Denn Samstags sind die Bars voll. Sie laufen auf vollem Druck, die Maschinerie arbeitet wie geölt, Gäste sind in Wochenendlaune. Ich mag das.
Bartender lieben das unverbindliche. Also ich zumindest. Ich bat Kostas im einen Bar-Spaziergang durch seine Lieblingsläden. Ungeplant, zu Fuß durch München. Unser Plan war „auflaufen“. Kein Dinner, sondern strategisch am Anfang der Runde ein paar sehr gute Bars die auch Essen und Barfood anbieten. Statt also wertvolle Zeit bei gesetztem Essen im Restaurant zu verlieren, mehr Bars und Bar Food. Man muss dazu sagen, das München, auch jenseits der großen Hotelbars in vielen Bars außergewöhnlich gutes Essen anbieten. Kenne ich aus Hamburg, Berlin, Köln und anderen Großstädten nicht in dieser Vielfalt und Qualität. Und der From halber möchte ich erwähnen das wir in allen Bars unglaublich freundlich und zuvorkommen begrüßt und bedient wurden. Das ist natürlich ein unfairer Vorteil, wenn man mit einem Bartender wie Kostas die Wasserlöcher seiner Stadt besucht. Aber ich mag unfaire Vorteile. Und nutze sie gerne.
BAR MONTEZ
Kostas erste Empfehlung, nicht weit weg vom Schumanns, war die BAR MONTEZ im Rosewood Hotel. Kurz nach 17 Uhr waren wir leider zu früh. Die Bar öffnet um 18.00 Uhr. Kostas schwärmte von der Bar und wir fasten den Plan, im laufe unseres Bar-Spazierganges wiederzukehren. Leider ist es uns an diesem Abend nicht geglückt. Denn ein Bar-Spaziergang ist nicht planbar. Unverbindlich. Spontan. Man läßt sich treiben. Von Stimmungen, Emotionen, einem Drink zu viel. So muss ich die Bar Montez ein andermal genießen. Ich möchte sie aber erwähnen. Denn Kostas empfiehlt sie.
BAR MONTEZ : https://www.rosewoodhotels.com/de/munich/dining/bar-montez
JAHRENZEITEN BAR, im Kempinski Hotel
Wir gingen ein paar Schritte weiter und trafen in der Jahreszeiten Bar im Kempinski ein. Ich war hier früher öfters schon einmal zu Gast. Allerdings wurde die Bar vor gut 4 Jahren komplett umgebaut und seit dem hatte ich es nicht mehr geschaft.
WOW! Was für ein Start. Die Bar hatte schon früher eine Besonderheit, die es nur in sehr wenigen Bars gibt. Ich liebe sie. Die „niedrige Bar“. Die Gästeseite der Bar ist niedrig wie ein Tisch. Die Gäste sitzen auf bequemen Stühlen bzw Sesseln statt Hockern an der Bar. Die Seite auf der die Bartender arbeiten ist in den Boden eingelassen. Sprich die Bartender stehen, währen die Gäste auf Stuhlhöhe sitzen. Ich war froh zu sehen, das dieses seltene Elemente die Renovierung überlebt hat. Bei einer „Seated only“ Bar wie hier, gibt das eine besondere Stimmung. Es gibt automatisch ein Gefühl von Exklusivität.
So wie der Rest der Bar. Alles, wirklich alles, habe ich in solch einer Detailversessenheit und Exklusivität ich glaube noch nicht in einer Deutschen Hotel Bar erlebt. Innerhalb von Sekunden fühlt man sich wie in den großen Hotel Bars im London, New York, Hong Kong. Die Drinks, das Bar Food, der Cocktail Wagen, die Pralinen. Egal welchen Aspekt man sich anschaut: Perfektion. Bar Manager Aleksander Vujin hat hier etwas geschaffen, was ich in Deutschland, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, so noch nicht genießen durfte. Ich liebe klassische Hotel Bars. Meine Steckenpferd. Und hier habe ich meine Liebe gefunden.
Das Publikum ist international und touristisch. Im positiven Sinne. Ich glaube man kann reservieren und das ist an einem Samstag sicherlich empfohlen. Als wir kurz vor 20.00 Uhr gingen, warteten schon Gäste am Empfang. Die Bar ist meiner Meinung perfekt für zwei, drei oder vier Personen. Kleine Gruppe. Intensive Gespräche im exklusiven Rahmen. Es wird auf eine Kleiderordnung hingewiesen: Smart Casual, Business casual. Wer also direkt vom Eisbach Surfen in Flip Flops kommt, dem sei ein Kleiderwechsel vor dem Besuch empfohlen.
https://www.kempinski.com/de/hotel-vier-jahreszeiten/restaurants-bars/jahreszeiten-bar
ORY BAR, im Mandarin Hotel
Ich hatte schon viel gehört. Es noch nie geschafft. Wir kamen in eine sehr gut gefüllte Bar. Kostas bekam es irgendwie hin. Ein paar Minuten später saßen wir an der Bar. Wunderbar. Die Ory Bar ist in meinen Augen die Definition von der modernen Hotelbar. Quasi die „Klassik Hotelbar“ in Smart Casual. Alles etwas lockerer, Service auf Augenhöhe. Auch das Publikum war mehr Smart Casual. Die Musik lauter, man merkte der Bar an, das sie im fortgeschrittenen Samstag Abend sicherlich deutlich lebhafter werden würde. Als wir gingen gab es draußen schon eine Schlange.
Das Menü experimenteller, mehr Signatures. Alle perfekt. Es gab Barfood aus dem asiatischen Fine Dinnign Restaurant des Mandarine. Großartig. Als Bartender ist ein Platz am lebhaften Tresen ein Vergnügen. Die eigenwillige Art der beiden Arbeitsstationen und des drehbaren Rückbüffet Karussells bereiten Vergnügen. Den Damen und Herren bei der Arbeit in Perfektion zuzusehen, sowieso. Die Bar ist „eigenständig“, also im Hotel gelegen, aber nicht vom Hotel betrieben. Betreiber sind Münchner Gastronomen, die noch mehre Objekte erfolgreich betreiben. Das merkt man dem Gäste Mix an und sorgt für eine gute Atmosphäre. Viel junge Gäste. Wer also auf der Suche nach einer lebhafteren, lockeren Hotelbar im Luxussegment ist, wird in der ORY BAR einen guten Abend haben. So wie wir.
PACIFIC TIMES
Wir spazierten zu einer Lieblingsbars. PACIFIC TIMES. Ein großes Lokal. Kurz vor 22.00 Uhr. Voll. Angenehm. Wenn man Gastronom ist, achtet man immer auf die andere Gäste. Was für Leute gehen hier hin? Das verrät viel über einen Laden und sein Standing. München saß hier. Man merkte, das die Stadt diese Bar nach all den Jahren liebte. Und die Bar die Stadt. Hier saßen sie. Bunt gemischt im Alter aber dennoch strahlten sie alle München aus. Das gibt einem ein gutes Gefühl im richtigen Laden zu sein. Und als Gastronom fragt man sich, wie es Andreas Till über so viele Jahre schafft, so ein beliebter Laden zu sein. Die Mischung ist gut. Man könnte es auch als Restaurant bezeichnen, den die Speisen Auswahl ist gut und groß. Aber auch die gehörigen Liebe zu Champagner und guten Drinks. Im Zentrum die Bar. Und an fast allen Tischen standen Drinks statt Weingläser oder Bier.
An dem Abend war der Patron Andreas nicht im Haus. Was mir gefallen hat. Denn zu sehen, wie rund und gut so ein Laden auch ohne Chef läuft, ist das größte Kompliment. Hinter der Bar zwei junge Mitarbeiter. Die einen fantastischen Job gemacht haben. Ansprache der Gäste, Überblick, Geschwindigkeit gepaart mit Präzession bei den Drinks. Und Sauberkeit. Ich liebe es wenn Bartender ihre Station im Griff haben, nichts unnütz herum liegt, alles an Ort und stelle ist. Kostas sagt zu mir, guck dir das an: 100% Till Style. Ich studierte die beiden bei einem sehr guten Daiquiri. Jeder Handgriff perfekt. Aber alles hat eine eigene Choreographie. Der Till Style. Kostas hat absolut recht. Bars wie das Schumanns oder das Pacific Times, die seit Jahrzehnten eine Stadt prägen, prägen auch die Mitarbeitenden, vermitteln Ihnen die eigene Philosophie des Laden.
Das ist eventuelle für einen Gast nicht relevant. Als Barbetreiber liebe ich so etwas.
Das Pacific Times ist ein München No Brainer. Man kann mit einer Gruppe feiern, gut Essen und trinken, oder zu zweit, so wie wir, herrlich am Tresen philosophieren. Wer vielleicht die Innovation in Design oder neuen Drinks Techniken sucht, findet das hier nicht. So ein Laden wie das PACIFIC TIMES hat Standing. Es macht nicht jeden Trend mit, aber das was es macht, macht es in ruhiger Perfektion. Im Vordergrund immer die Gastfreundschaft. Und man ist hier in guter Gesellschaft. München geht hier trinken.
EL TATO
Kurz nach 23.00 Uhr spazierten wir nur ein paar Meter weiter zum EL TATO Bar+Food. Das El TATO nennt sich Gastrobar with a modern Twist on Latin American flavors. Und wer nun denkt, „ja klar, Latin American in der Buttermelcherstraße - in your A** Meyer“ dem kann ich nur entgegen rufen: Das ist eine masslose Untertreibung.
Ich hatte beim meinen kleinen Bar-Spaziergang mit Kostast nicht damit gerechnet, das wir hier eine Weltreise antreten. Mit dem öffnen einer Tür wurden wir nach Latin America katapultiert. Ich habe mal eine Woche Hochzeitsparty in Bogotá gefeiert, wilde Tequila Nächte in Guadalajara aber was uns hier in den nächsten zwei bis drei Stunden erwartete, hatte gleiches Level.
Es war sicherlich dem Samstag Abend geschuldet. Und ich weiß nicht, ob der Gästemix ungewöhnlich jung und Latin Amerika war, da hier auch ein kleiner Geburtstag im Mitternacht gefeiert wurde. Aber die Atmosphäre war großartig.
Der Laden war knüppelvoll, die kämpften uns durch die Menge an eine Ecke der Bar. Die Menge sang spanische Lieder, Salsa, Merengue, Reggaeton kamen aus den Lautsprechern. Es wurde gewippt, gelacht, getanzt, getrunken.
Kostas und ich hatten München verlassen. Direktflug nach Latein Amerika, unbekannter Flughafen. Aber ein Lager voller Tequila und Mezcal. Und Drinks die einen glücklich machten. Erschreckend glücklich. Weil man mehr wollte. Kostas und ich brachen unsere Regel. „Nur zwei Drinks pro Bar“ wurde mit großer Freunde über Bord geworfen und Chris Sanchez und Team liessen die Drinks fliegen. Und Shots. Wir pendelten uns auf die Atmosphäre der Bar ein: Eskalation 2000. Das gezapfte Corona mit Limette ersetzt irgendwann das Wasser. Man trinkt beidhändige. Tanzt, lacht, feiert.
Wenn ich das richtig verstanden habe, serviert das EL TATO am Abend und an eher de-eskalativen Wochentagen fantastisches Taco Style Food. Ich hatte keine Chance das zu probieren. Was ich aber jedem empfehlen möchte, ist ein Besuch ab 23.00 Uhr. Es ist alles ein wenig verrückt. Angenehm verrückt. Zwischendurch kommt Kolumbianerin Ginna Sanchez aus der Küche, mit Weihrauch und vertreibt die schlechten Geister. Um Mittnacht gibt es eine großes Ritual bei dem die ganze Bar Shot trinken muss. Es ist voll, laut, heiß und großartig.
Ich weiß nicht wie sie es machen. Ich weiss nicht, wie die Nachbarn hier cool bleiben. Ich weiß nur, das es unglaublich schön ist, das junge Team um Ginna und Chris mit solch einem Feuer und Leidenschaftschaft stundenlang Gäste glücklich machen zu sehen. Das hat noch besser gescheckt, als die perfekten Drinks.
In der SZ und anderen Publikationen findet man viele Artikel übers Schlange stehen, weil der Laden immer voll scheint. Wie du also rein kommst, weiss ich nicht. Wenn du zu zweit, zu dritt, an einem Samstag Abend allerdings ab 23.00 Uhr sehr gute Laune mitbringst und etwas außergewöhnliches erleben willst, besuche das El TATO
https://el-tato.bar/
Trisoux Bar
Kostas und ich hatten die Regeln gebrochen. Und waren eskaliert. Wir hatten noch einige Bars auf unserer Spaziergang Liste. Aber die waren nicht mehr zu schaffen. Aber eine Bar mussten wir noch schaffen. Weil sie nicht weit weg war. Und weil man auf einen Bar-Spaziergang unvernünftig ist. Also noch die ein, zwei letzten Drinks zu sich nimmt, die man am nächsten Tag von ganzen Herzen und voller Schmerz tief bereut.
Also auf zum Trisoux. Ein Lieblingsladen. Philipp Fröhlich leistet hier seit vielen Jahren großartige Arbeit. Immer gute Drinks. Und ein ungewöhnlich schönes Design. Mit seinen Öffnungszeiten bis 02.00 Uhr definitive der richtige Platz um nach einem guten Essen noch lange „abzuhängen“ und die Welt im Gespräch zu retten.
Kostas erzählte mir, welchen tollen Mehrwert Philipp seit Jahren für die Münchner Bar Szene leistet. Er lädt kontinuierlich Bars aus der Welt zu sich ein, bringt Bartender zusammen und kümmert sich, das München und die Welt des Trinkens sich austauschen. Respekt.
Es ist diese Neighborhood Bar, die wir uns alle wünschen. Der perfekte Ort um mit ein per Freunden eine gute Zeit zu haben. Und diesem berühmten einen Drink zu viel.
Alle fünf Bars haben uns eine fantastische Zeit serviert. Ich empfehle einen Bar-Spaziergang in Eurer Stadt. Oder hier in München. Laßt Euch treiben und rettet die Welt bei guten Getränken.