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Großartig Frühstücken in Prag. Von Fehleinschätzungen, Neid und Inspiration

Das ESKA in Prag ist ein beeindruckendes Frühstückslokal. Also eine echte Bäckerei mit Restaurant. Dahinter steckt die AMBIENTE Gruppe. Inspirierend für jeden Gastronom
Großartig Frühstücken in Prag. Von Fehleinschätzungen, Neid und Inspiration
Impressionen aus dem ESKA - Prag

Vor einigen Tagen war ich in Prag frühstücken. Das war nicht geplant. Es musste ein Lokal gefunden werden. Der Auswahlprozess war einfach:

  • Empfehlungen für gutes Frühstück in Prag “googeln”
  • Die Läden kurz auf Instagram “checken”
  • Feststellen, dass unser Freund Erik Lorincz, Tscheche und Barbetreiber aus London, dem ESKA folgt. Der Mann liebt gutes Essen. Also war die Wahl gefallen 


ESKA, a bustling bakery with a kitchen.

Pernerova 49, 186 00 Praha 8

https://eska.ambi.cz/en

https://www.instagram.com/eska_karlin/

Wow!

Das ESKA hat mich begeistert, ein wenig neidisch gemacht und mich inspiriert. Dazu komme ich gleich. Erst jetzt, wo ich den Text hier schreibe und mir nochmals die gut gemacht Webseite anschaue, verstehe ich das Konzept ganz und richtig.

Ich dachte, die offene Küche mit runden Tischen, den Kräuter-Gewächs- und Kombucha-Fermentier-Schränken im ersten Stock, wäre eine Eventlocation für Koch-Events. Weit gefehlt. Es ist ein komplettes Fine Dining Restaurant, in einer offenen Bäckerei. Über der Bäckerei also das Štangl Restaurant.

Štangl, a tasting restaurant where familiar ingredients are served in unconventional ways.

Pernerova 49, 186 00 Praha 8

https://stangl.ambi.cz/en

https://www.instagram.com/stangl_official/


Während die Bäckerei im Erdgeschoss an sieben Tagen in der Woche um 19.00 Uhr schließt, öffnet das sich im offenen Raum darüber befindliche Restaurant an fünf Tagen in der Woche um 18.00 Uhr.

Toiletten und viel andere Infrastruktur werden geteilt.

Was ich auch erst jetzt beim Lesen der Webseiten verstanden hab, ist das beide Gastronomien zur AMBIENTE Group gehören

AMBIENTE

https://www.ambi.cz/

Ich bin hier gerade ins AMBIENTE Rabbit Hole gefallen. Die Gastronomien und Konzepte, zumindest digital, eines schöner als die anderen. Mir ist schmerzlich bewusst geworden, wie viel ich in Prag verpasst habe. Hiermit ist quasi eine sehr lange Prag to do Liste entstanden. 

Ich möchte das AMBIENTE Universum hier nicht weiter ausbreiten. Der Text würde zu lang werden und ich will über das Frühstückslokal ESKA schreiben. Die Liste der AMBIENTE Lokale ist beeindruckend. Schau dir die Webseite an. Und lies die “Story of Ambiente”. Zwei Sätze daraus mochte ich besonders:

“Tomáš Karpíšek started to write it in 1995 in his first restaurant on Mánesova Street. The former chef from Liberec gathered around him a group of people for whom the customer is the boss.”

Ein Mensch, ein leidenschaftlicher Unternehmer, hat all das vor 29 Jahren angefangen. Liebe ich. Und  “a group of people for whom the customer is the boss.” - Ich bin schockverliebt. Man liest es heute so selten. THE CUSTOMER IS THE BOSS. Mutig und richtig.

Aber, lass uns in Prag Frühstücken gehen. 

Sonniger Tag, toller Auftritt. Leere, unscheinbare Ecke von Prag. Plötzlich eine lange Menschenschlange vor einem Lokal. Genauer gesagt in einer großen, offenen Eingangshalle eines  alten, hohen industriellen Gebäudes. 

Was für ein Luxus. Du kannst deine Terrasse in eine offene Halle legen, die Außenplätze sind immer Wind und Wetter geschützt. In der Schlange wartenden, denke ich nur, wie toll wäre das?

Das ESKA nimmt keine Reservierungen an. Wir warteten ca. 10 Minuten. Wurden platziert. Extrem freundlicher Service, etwas anderes Service Konzept, sehr gutes Frühstück, tolle hausgemachte Kombuchas, guter Kaffee, viele kleine Details die mir gefallen. Ich will hier keine Restaurant-Review schreiben. Mag ich nicht. Alles war Tippy Toppy. Schau dir meine schlechten Fotos oder besser die offiziellen auf deren Instagram und Webseite an. Aber ich möchte ein paar Punkte aufzählen, die mir bei dem Besuch am besten gefallen haben.

Schlange stehen

Das in der Schlange stehen hat mir gefallen. Weil es gut gelöst war. Ein Reservation Desk gibt zum Ausdruck: bitte hier warten. Die Servicemitarbeiterin hat einen freundlich angesprochen, abgeholt und die verschiedenen Möglichkeiten kurz erklärt. „Wenn ihr auf der Terrasse sitzen wollt, wird es bestimmt 20 Minuten dauern, drinnen geht es schneller." Wir wählten drinnen, es ging schneller.  

Frühstückslokale haben, denke ich, ein ähnliches „Problem“ wie Bars. Viele Gäste, oft mit geringen Umsätzen und schnellem Durchlauf. Außerdem, anders als beim Fine Dining, Ticket Restaurant, gibt es keinen verbindlichen Verzehrzwang wie ein hochpreisiges Menu. Der Gast kann einen Flat White und ein Brot bestellen. Oder das große Programm mit allen drum und dran. Daher sind Reservierungen in Bars und solchen Frühstückslokalen meist schwierig und führen, aus Unternehmenssicht, zu Problemen, gerade zur Prime Time.

Auch wir nehmen nur noch Reservierungen am frühen Abend an. Und arbeiten, gerade im Winter und im Verlauf des Abends, ohne Reservierungen, mit Walks in und first come, first serve.

Die 10 Minuten in Schlange haben mich darüber nachdenken lassen, dass ich “Schlange stehen” diese Wintersaison im Le Lion anders organisieren sollte. Mittlerweile haben wir oft eine wartende Schlange vor der Tür und ich glaube, es ist an der Zeit, zur Prime Time das Welcome von hinter der geschlossenen Tür auf vor die geschlossene Tür zu legen. Ich muss darüber nachdenken, was möglich ist. Welcome Desk bauen? Ich werde hier berichten. Dinge verändern sich. Im letzten Winter hatten wir oft Abends Warteschlangen vor der Tür. Es ist an der Zeit, das zu organisieren.

Ein schnelles Servicekonzept

Mir hat die Struktur gefallen. Warten und platzieren. Das hat für Ruhe im Laden gesorgt. Viel wichtiger und eventuell etwas ungewöhnlich fand ich aber, dass der junge Kellner an den Tisch kam, die Karten brachte und uns gut und charmant erklärt hat, wir sollen bitte am Tisch alles auswählen. Und dann soll bitte eine Person am Tresen bestellen und bezahlen. Dort bekommt man dann eine Tischnummer und alles wird serviert. Ich habe die anderen Tische beobachtet und das hat ganz gut geklappt. Einige standen trotzdem mit mehreren Gästen am Tresen und haben noch Details diskutiert. Erfreulicherweise hat das Personal das aber gelassen gesehen und war hier nicht pedantisch: THE CUSTOMER IS THE BOSS!

Aber: das ganze führte zu einem recht schnellen Ablauf am Tresen und im Service. 

Nichts für meine Bar. Fand ich hier aber gut. Ich selber verabscheue die Unart in z.B. Coffeeshops, wenn Gäste ewig mit dem Personal und der Begleitung am Tresen über jedes kleine Details des Essens diskutieren und nachzufragen. Bestellen, Zack, Nächster. Wenn ich hinter solchen Gästen in der Schlange stehe, denke ich immer nur: Laber nicht. Es ist Frühstück und Kaffee.

Neid

Die offene Bäckerei hinter dem Tresen und an den Seiten des Gastraumes ist beeindrucken. Die offene Küche, das Restaurant oben, ebenso. Es herrscht wirklich reger Betrieb, Backprozess und Arbeit, während ohne große Trennung davor Gastronomie stattfindet.

Auf einen ersten Blick würde ich sagen, vieles, wie es dort umgesetzt wurde, wäre in Deutschland nicht möglich gewesen. Zu viele Auflagen, zu viele Bedenken und „ja aber, wenn...” von Behörden. Ein völlig aus dem Ruder gelaufener Brandschutz in Deutschland kommt hinzu. Ohne die Situation in Tschechien zu kennen, scheint da mehr möglich zu sein. Das ist schön zu sehen. 

Finale für die Design und Ausstattung Freaks: Die Gruppe arbeitet mit tschechischen Herstellern zusammen.

Die angefertigte  “bisqit cermaic” Serie ist sehr schön. 

Die Metall-Table-Tops wie Service Tabletts, Besteck-Ständer oder Tischnummer von Space Of Space haben mir auch sehr gut gefallen.

https://www.bisqit.store/

https://spaceofspace.cz/

Also. Prag ist eine gastronomische Reise wert. Ehrlicherweise mehrere.