Inflation? Preise erhöhen? Besser Laden voll machen.
Inflation ist ein hartes Wort. Die öffentliche Meinung ist bemüht, klarzustellen, dass wir uns keinesfalls schon in einer Inflation befinden. Kritische Stimmen sagen: klar, sind wir in einer Inflation. Mir ist die Definition eigentlich egal. Die Frage ist. Steigen die Preise? Ist mein Geld weniger wert? Und viel wichtiger: Wie entwickelt sich das Unternehmensergebnis.
Privat ist das auf den ersten Anschein recht einfach zu erfahren.
Das Stück Butter kostet beim Supermarkt plötzlich 30 Cent mehr. Also steigen die Preise! Wenn man ehrlich ist, stimmt diese Annahme so nicht. Denn es kann ja sein, dass die Butter beim Supermarkt um die Ecke sogar 10 Cent billiger geworden ist. Weil die das bessere Angebot verhandelt haben. Oder machen. Aus unterschiedlichen Gründen. Vielleicht als Marketing. Vielleicht durch Einkaufsgeschick. Klassischer Kapitalismus, du Wunderwerk, macht hier einen ganz guten Dienst.
Im Unternehmen ist das ähnlich vielschichtig. Einige Sachen sind klar. Heute bekam ich eine E-Mail. Die Miete erhöht sich um 5,7 %. Klare Teuerung.
Auch unser Wareneinkauf steigen im Preis. Gefühlt gerade alles. Allerdings: Wenn man sich dann beim Einkauf oder nach verhandeln Mühe gibt, kann man das relativieren.
Interessehalber habe ich random Preise aus November 2023 mit November 2024 verglichen. Zum einen Spirituosen.
Zum einen gibt es hier klare Preissteigerungen. Gerade von großen Häusern. Zum anderen ein paar Schwankungen, weil Produkte sich ändern. Früher konnten wir immer Wild Turkey 101 Bourbon im Liter kaufen. Nunmehr finden wir nur noch 0,7 Liter Flaschen. Sind immer teurer im Einkauf und der Vergleich beruht auf runter gerechnetem Literpreis. Und seinen wir ehrlich. So oder so eine guter Preis für einen Hammer Bourbon, der mit 50,5 % Vol einen schwungvollen Whiskey Sour gibt.
Einige Produkte sind sogar preiswerter geworden. Spirituosen haben recht große Preisschwankungen. Guter Einkauf, gerade auch durch unsere Lieferanten, hilft hier.
Obst und Gemüse ist saisonal sehr starken Schwankungen unterworfen. Daher macht ein Vergleich zu gleichen Jahreszeitpunkt am meisten Sinn. Auch hier ist das Feld nicht eindeutig. Und kann sich jeden Tag ändern. Bei Basilikum und Minze haben wir Festpresse. Alles andere unterliegt Tagespreisen. Limetten gehen gerade gar nicht. Wenn das so bleibt, wird woanders eingekauft.
Unsere Bar hat viele hundert Artikel. Aber wir haben kein Warenwirtschaftssystem. Zu aufwendig für die kleine Bar. Daher kann ich auf Knopfdruck nicht alle Artikel vergleichen.
Ein Blick in die BWA (hier nur bis Oktober 2024 vorliegen) gibt folgende Zahlen
Nettoumsatz 2023* / 2024
Januar bis Oktober 663162,38 € / 774330,59 €
Wareneinsatz 23,57% / 24,79%
Personalkosten 55,49 % / 48,5 %
(*Kleiner Hinweis für die nicht regelmäßigen Leser. Nach recht katastrophalen Corona Jahren 2020 bis 2022 hatten wir 2023 einen sehr großen und schlecht kommunizierten/gemanagten Straßenviertel Umbau, der uns deutlich Umsatz gekostet hat.)
Der Umsatz ist in 2024 deutlich gestiegen. Erfreulich. Allerdings merken wir im November nun mehr auch einen Rückgang. Bislang wurden im November 2024 knapp 8.000 Euro weniger als 2023 umgesetzt. Aber er ist noch nicht beendet.
Der Wareneinsatz ist gestiegen. Das ist aber relative. Denn wir haben den gesamten Sommer über starke Promotion mit Einladungen für die Terrasse an Stammgäste umgesetzt. Frei Drinks sorgen für mehr Wareneinsatz. Hat sich aber gelohnt.
Personalkosten sind absolut in 2024: 375608,08 € und in 2023: 368023,48 €. Wir haben allerdings mit nur 7500 Euro gestiegen Gesamtkosten Personal einen Mehrumsatz von 111.168 Euro generiert. Wir haben zur Jahresmitte von 10,5 festen Mitarbeitenden 3 entlassen. Das Team sind nunmehr 7 Vollzeitstellen, eine halbe Stelle und meine Person. Knapp 7% weniger Kosten hier ist eine gute Entwicklung. 48,1 % aber immer noch Wert, der sich verbessern muss.
Durch unsere Promotion haben wir in ruhigen Stunden hier für deutlich mehr Umsatz gesorgt. Und wir sind in den „starken“ Stunden besser geworden.
Inflation ist relativ. Meine Empfehlung ist allerdings: Konzentriere dich nicht zu sehr auf jede Kommastelle beim Wareneinkauf. Das Beste, was deinen Zahlen hilft, ist mehr Umsatz und Auslastung. Dein wichtigster Faktor für gute Gastronomie ist dein Team. Aber, bei uns und bei vielen Kollegen, aktuell auch die größte Kostenposition. Bei einem gut ausgelasteten Laden verbessert sich dieser Position aber deutlich. Siehe zu, dass du deinen Laden voll kriegst oder machst. Der Wareneinsatz ist in der Regel nicht die Stellschraube, die den besten Effekt bringt.