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Institutionen wollen Definitionen. Unternehmer/innen sollten damit spielen.

Willst du wirklich Gastronom sein? Oder Speisen und Getränke anbieten?
Institutionen wollen Definitionen. Unternehmer/innen sollten damit spielen.

Da die Deutsche Bahn sich für mich in den letzten Jahren zu einem recht unzuverlässigen Transportmittel entwickelt hat, fahre ich einige Strecken wieder lieber mit dem Auto. 

Autofahren hat etwas sehr Magisches. Kennt man vielleicht nur, wenn man selber viel fährt. Aber es gibt diesen Flow-Zustand, gerade auf einer nicht zu vollen Autobahn, auf der man mit seinen 120 km/h dahin gleitet. Der Kopf ist unbewusst gerade so viel mit dem Fahren beschäftigt, dass man sich bewusst langen Gedankenausflügen hingeben kann. Mag ich sehr.

Vor kurzem bin ich von Berlin Richtung Hamburg gefahren. Und auf weiten Strecken findet auf den Feldern neben der Autobahn Strom-Ernte statt. Also kilometerweise Sonnenkollektoren.  Und ich habe darüber nachgedacht, wie sich so etwas wohl definiert. Ist das gar schon eine neue Form von Landwirtschaft? Landwirtschaft definiert sich über eine wirtschaftliche Nutzung des Bodens zur Erzeugung von pflanzlichen und tierischen Produkten. Eine wirtschaftliche Nutzung des Boden liegt hier vor. Natürlich ist Strom nicht als „pflanzliches“ oder „tierisches“ Produkt definiert. Aber wer weiß, vielleicht ändert sich das. Denn Landwirtschaft ist für mich primär die wirtschaftliche Nutzung von Boden. Und ob Landwirte den Boden nun wirtschaftlich über Fruchtfolgen und Zwischenfrucht nutzen, oder “Energie” ernten und den Boden hegen und pflegen, scheint mir am Ende das Gleiche zu sein.

Ist es natürlich aktuell nicht. Das ist anders definiert. Deutschland, Staaten, Verwaltungen, brauchen Definitionen. Mit ihnen findet Abgrenzung, Regelung und Besteuerung statt. 

Landwirtschaft unterliegt zum Beispiel ganz anderen Regelungen und Besteuerung als Industriebetriebe. Das fängt im Kleinen an: Welcher Berufsgenossenschaft wirst du zugeordnet, welche Tätigkeit gibst du deinen Versicherungen an. Wie meldest du dein Gewerbe bei der Stadt an?

Gastronomie ist, wie jede Branche, reguliert. Sogar stärker als viele andere. Zum Betrieb einer Gaststätte oder Speisewirtschaft braucht man sogar eine extra Genehmigung (Konzession). Das Objekt unterliegt baulichen Auflagen, es gibt Auflagen von Seiten der Hygiene Ämter, Auflagen zum Brandschutz und einer Versammlungsstätte. Beim Finanzamt bist du mit der Anmeldung als Gaststätte gleich auf der Schwarzen Liste der bargeldintensiven Branchen und hast harte Prüfungen und unberechtigte Schätzungen zu erwarten. 

Ein Gedankenspiel:

In dem Moment, wo du Speisen und Getränke gegen Geld an Gäste anbietest, betreibst du eine Gastronomie. Was aber, wenn du im Rahmen einer Veranstaltung, für die die Gäste pauschal vorab ein Ticket gebucht haben, Speisen und Getränke anbietet? Bist du dann Gastronomie? Benötigst du eine Konzession? 

Was nun, wenn du dieses „Seminar“ mit Speisen und Getränkebegleitung als Business Seminar anbietest. Und deine Gäste es nunmehr auch noch von der Steuer absetzen können? 

Sind das Wettbewerbsverzehrungen? Oder cleveres Unternehmertum?

In meiner Jugend in Niedersachsen waren gemeinnützige Vereine die größten Konkurrenten für Saalbetriebe, wie wir z.B. einen Betrieb hatten. Die einen waren risikobehaftete Unternehmer mit Auflagen, die anderen steuerbegünstigte Vereine, die mit Ihren Spenden Vereinshäuser bauten und diese dann für Parties vermieteten. 

Airbnb war und ist vielen Hoteliers ein Dorn im Auge, Uber hat die Taxi-Welt erschüttert. 

Der Weg ist immer der gleiche: Einer sieht die Dinge anders und macht's. Über die Zeit fühlen sich die anderen auf den Schlips getreten. Klagen und versuchen zu regulieren. 

Diejenigen, die Definitionen und alteingesessene Regularien überdenken und in Frage stellen, verändern was. Ich fahre eigentlich nie UBER, freue mich aber sehr über die Free Now App, nutze die in Hamburg aber auch London, bekomme ordentliche Belege und mein Leben hat sich vereinfacht. Und die Taxis haben dadurch viel Geschäft, auch wenn sie natürlich über die Gebühren klagen. 

Wenn ich heute ein neues Unternehmen starten würde, würde ich deutlich mehr Zeit investieren, um darüber nachzudenken, was ich eigentlich genau bin, bevor ich loslege.

Ich mag die Bauernschlauen, die Dinge anders sehen und mit der überregulierenden Bürokratie ein Spielchen spielen.