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Kunde droht mit Auftrag. Danke Nein, bringt einen oft weiter.

Kunde droht mit Auftrag. Danke Nein,  bringt einen oft weiter.

Wenn du etwas verkaufen willst, musst du darüber reden. Deine Kunden müssen erst einmal wissen, dass es dich gibt. Sie müssen wissen, dass du ein Produkt oder eine Dienstleistung anbietest, welche ihr Leben einfacher oder schöner macht. Und sie müssen dir vertrauen, dass dein Angebot, in ihren Augen, das Geld wert ist. 

Dein Angebot wird in den meisten Fällen nicht für jeden sein. Du suchst spezielle Kunden, die deine Art und Weise schätzen. 

Seitdem ich Bar mache, von ein paar Anfangsjahren abgesehen, verkaufe ich auch immer wieder “Tastings”. Das Wort Tasting ist ein weit dehnbarer Begriff. Und wenn ich ehrlich bin, hat die letzte Stufe der Produktentwicklung “Tasting mit Joerg Meyer” das Wort Tasting im engeren Sinne nicht mehr verdient. Aber diese Stufe, des Tastings, was kein Tasting ist, verkauft sich nach vielen Jahren Produktentwicklung sehr gut. Und das Beste: Sie macht unglaublich Spaß. Also mir und den speziellen Gästen. Das Event ist speziell. Aber ich habe, über die Jahre, die Leute gefunden, die das genauso lieben.  

Viele Gastronomen, die ich kenne, veranstalten Tasting ähnliche Events aus drei Gründen

  1. (Firmen) Kunde droht mit Auftrag und Geld
  2. Gastronom möchte Leerstand bzw. ruhige Zeiten “beleben”
  3. Langfristiges Projekt: Aufbau einer Marke, etwas eigenes schaffen, Liebhaber finden und binden. 

Ich habe alle drei Varianten in vielen Versionen durchgespielt. Alle drei sind je nach Situation wichtig und richtig. Variante drei ist für das eigene Wohlbefinden, zumindest geht es mir so, sehr befriedigend.

(Firmen) Kunde droht mit Auftrag und Geld:

Jemand hat eine Idee. Für seine Kunden. Meist im Rahmen eines Events. Früher waren es Gin & Tonic Tastings. Jetzt Spirituosen Tastings, Cocktail Tastings etc. You name it. Ich habe das sehr oft gemacht. This Gun is for hire. Es war oft unbefriedigend. Gerade die ersten Jahre. In denen man Erfahrungen sammelt. Man muss eine Liste schreiben. Die “Alles was nicht" geht” Liste. In Kombination mit der “Das war eine dumme Idee” Liste. Also zwei Listen. Und diese Listen werden über die Jahre lang. Event Verantwortliche haben Ideen, viele. Aber denen fehlen oft diese Listen, in Bezug auf Tastings und Cocktail Events.

Und deswegen ist das unbefriedigende natürlich mangelnde Kommunikation. Also der eigene Mut als Dienstleister, nein zu sagen. Weil das Ergebnis nicht gut ist oder nicht zu einem selbst passt. Zur eigenen Marke, die man aufbauen will. Es ist also nicht der Fehler des Kunden. Fragen ist legitim. Und Ideen haben auch. 

Das Problem ist das Geld. Wenn man es braucht. Damit sein Geld verdienen will. Dann steht der kurzfristige Verdienst dem perfekten Match im Wege. Und führt zu Unzufriedenheit. 

Für Gastronomie gibt also zwei Varianten:

Ich systematisiere das Thema und bietet genau definierte Pakete an. Oder ich lerne, Nein zu sagen und mache solche Anfragen, wenn wirklich vieles passt. 

Ich habe mich vor langer Zeit für Variante Zwei entschieden. Mache das selten für “andere”, erinnere mich aber jetzt fast an jedes Event mit großer Freude zurück. Rum Tastings in der Captains Kajüte eines historischen Segelschiffes, die 20er Jahre Absinth Party auf einer kleinen Insel im Mittelmeer, die James Bond Cocktail Bar im extra aufgebauten Spielcasino. Black Tie, ich bitte sie!

Eines ist natürlich klar: Wir sind Profis. Egal was kommt, wir werden immer gute Events abliefern. Mit einem Lächeln.  Das Leben ist kein Wunschkonzert und Dienstleistung war das auch noch nie. Heul leise. Es ist nur wichtig, aus Fehlern zu lernen und die Listen zu schreiben. 

Gastronom möchte Leerstand bzw. ruhige Zeiten “beleben”

Das habe ich schon oft gemacht. Und gelernt: Viel geht auf Dauer meist nicht. Die Idee ist einfach. Es gibt Tage oder Zeiten, oder Extra-Räume, in denen dein Lokal nicht perfekt gefüllt ist. Du überlegst dir Events, um das zu befüllen. Wer den Newsletter hier aufmerksam liest, hat z. B. meinen Text zur Aperitif Einladung / Terrasse vollmachen gelesen. Das hat diesen Sommer wunderbar funktioniert. Fairerweise: Es war niederschwellig. Und kostenlos. Das funktioniert in der Regel wunderbar. Man muss nur schauen, ob es Sinn ergibt. 

Nur jetzt Pakete zu schnüren und zu verkaufen, ist kein leichtes Unterfangen. Also mit dem Hintergrund, dass ich Gäste ins Lokal holen will, wenn es nicht gut besucht wird. 

Wenn ein Lokal noch recht jung ist, ist alles erlaubt. Wichtig ist: Hol viele Gäste ins Lokal und zeige es Ihnen. 

Bei etablierten Lokalen sind ruhige Zeiten so eine Sache. Denn der Gast hat entschieden. Er hat entschieden, wofür du stehst. Und zu welchen Zeiten er dein Lokal schätzt, wann dein Lokal in seine Tages- und Ausgeh Planung passt. Wenn du also Tage oder Zeiten hast, die ungenutzt sind, die du aber unbedingt nutzen solltest, damit dein Konzept und auch der Umsatz passt, können solche “Schnellen” Events das wahre Problem verbergen. Dein Konzept ist noch nicht bekannt genug, es ist eventuell falsch, muss justiert werden, deine Zielgruppe ist zu spitz. Soll heißen: Du musst dir eher keine Events überlegen, die dein Lokal zu ruhigen Zeiten beleben, sondern dein Konzept grundsätzlich auf Herz und Nieren prüfen. 

Ich bitte dich, das nicht misszuverstehen: Eigene Veranstaltungen in der Gastronomie machen oft sehr viel Sinn. Das Lokal zu füllen etc. Wenn du also umtriebig bist, dein Laden brummt, und du ihn auch mit Veranstaltungen voll machst, machst du wahrscheinlich vieles richtig. 

Wir haben aber z.B. selber versucht, mit Tasting Events ruhige Zeiten und Abende im Pine Room zu beleben. Und haben das recht aufwändige Projekt wieder eingestellt. Die ersten Termine waren immer sehr gut gebucht. Die Fans kommen und sind neugierig. Aber es war schnell klar, dass das kein dauerhaftes Konzept wurde. Die Buchungen nahmen ab. Für die meisten Gäste steht die Bar halt für einen spontanen Besuch, eine gute Zeit und gute Drinks. Ein Barkonzept mit Buchung, Tasting etc. hat bei uns als regelmäßiges Angebot vom Le Lion nicht funktioniert. Kann aber bei dir durchaus Sinn ergeben. Nur prüfe von Zeit zu Zeit, ob der ganze “Extra” Aufwand die Mühen wert ist oder ob du nicht auch über dein “eigentliches “ Konzept nachdenken solltest und hier eventuelle Änderungen machst. 

Einer der größten Konflikte: Zeitfenster. Gäste, die deine Bar lieben, würden ein Tasting sehr gerne an einem Freitag und Samstagabend buchen. Da gehen sie eh aus, kommen gerne zu dir. Aber da ist deine Bar ja eh voll. 

Langfristiges Projekt: Aufbau einer Marke, etwas eigenes schaffen, Liebhaber finden und binden. 

Wir veranstalten kein Tasting mehr vom Le Lion. Ebenfalls werden wir dieses Jahr keine Tasting flights etc anbieten. Gute Drinks zur Jahreszeit, ein paar Weihnachtsdrinks im Dezember, gerne. Etwas zu buchen, ein Event: nein. 

Aber dennoch veranstalte ich Tastings. Oder eben keine Events mehr, sondern “alkoholische Bespaßungen mit Meyer”.  Oft auch im Le Lion. Das ist über die Jahre gewachsen. Aber zunehmend auch in anderen Locations. Und ich habe mir damit, in einer Nische, über Jahre eine sehr spezielle Followerschaft aufgebaut. Die es genau so mag. “Leute wie wir, machen solche Dinge”. 

Ich habe Trickabenteuer vor einigen Jahren gestartet. Unter anderem biete ich darüber auch von Zeit zu Zeit solche, meist Nachmittagsbespaßungen, an. Es richtet sich an Gäste, die oft auch meinem Trinkabenteuer Youtube Kanal folgen. Menschen, die Lust an guten Drinks haben, sich diese auch gerne zuhause mixen. Eine kleine Hausbar pflegen. Und ein paar mal im Jahr auf Trinkabenteuer Reise gehen. Ernsthaft. 

Teilnehmerinnen reisen aus ganz Deutschland an. Sie buchen 4-5 Stunden Meyer Info Drink Entertainment als Höhepunkt oder Bescheidenheit ist eine Zier, Programmpunkt für ein Hamburg Wochenende. Meist sind von 12 Gästen 8 oder mehr nicht aus Hamburg. 

Ich formuliere diese Events extra „umständlich“ im Webshop. Alles andere als das Cocktail Tasting, zu dem auch Lieschen Müller kommen würde, und es nicht verstehen würde. 

Ich mache sie extra recht hochpreisig, denn das hält die falschen Gäste ab. Über die Jahre habe ich eine “If you know, you know” Followerschaft aufgebaut. 

Ich brauche diese Events nicht mehr groß zu bewerben. Wenn ich 5 - 6 neue Termine ansetze und einen Newsletter über Trinkabteuer.de verschicke, sind die 60 bis 70 Plätze meist in zwei Tagen nahezu ausverkauft.  

Und das wirklich schönste ist: wir haben uns gefunden. Und die Gäste sich. Oft formieren die Gäste sich über den Nachmittag, lernen sich kennen, ziehen danach noch durch Bars oder verabreden sich für den anderen Tag. 

Es hat ein paar Jahre gedauert. Ich habe viele Formate probiert. Viel hat nicht gut funktioniert. Oder mir nicht auf Dauer gefallen. Jetzt ist er ein Selbstgänger. Das macht Spaß. Gerade weil ich das nicht mehr nutze, um primär Geld zu verdienen. Sundern verfolge die Idee, eine sehr eigene Gruppe von Menschen zusammenzubringen. Für ein paar lässige Stunden. 

Wenn man sich etwas aufbaut, kann man verrückte Dinge machen. Die machen sehr viel Spaß. Wenn du es dir erlauben kannst, lass dir Zeit und baue dir was auf.

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Tasting Events auf Trinkabenteuer: https://trinkabenteuer.de/collections/events-tastings-und-trinkabenteuer-live