2 min read

R.I.P. prozentuale Aufschlagskalkulation

Die Preise steigen. Du musst sie erhöhen. Aber gibt die Mühe.
R.I.P. prozentuale Aufschlagskalkulation

Wie hoch ist dein Wareneinsatz? Es kommt darauf an. Vor kurzem habe ich über Kennzahlen gesprochen. Die Personalkosten für Fine Dining liegen mittlerweile oft bei 45%. Von vormals eher 30%. 

Prozentuale Kosten sind natürlich relativ. Wenn mein Hauptgang aktuell 35 € kostet, und meine Auswertungen sagen, dass meine Personalkosten bei 45% liegen, teilt sich das wie folgt auf

Hauptgang: 35,00 € 

abzgl. MwSt.: -5,59 €

Netto: 29,41 €

davon waren früher

30% Personalkosten: 8,82 €

heute sind es bei 

45% Personalkosten: 12,24 €

Damit blieben früher 20,59 Euro, um alle weiteren Kosten zu decken und Gewinn zu erwirtschaften. Und heute dann 17,17 € (und ja, ich weiß das auch andere Kosten gestiegen sind) 

Der Laie würde jetzt vielleicht denken: Ich erhöhe den Preis so, dass die Personalkosten wieder 30% sind. Also die aktuell realen 12,24 Euro Personalkosten sollen wieder 30% sein. Dazu bräuchte man einen Hauptgang mit  40,80 Euro Netto-Preis bzw. 48,50 Euro brutto.  Für das gleiche Hauptgericht.

Der Profi stellt fest, dass bei dieser prozentualen Milchmädchenrechnung jetzt aber 28,56 zur Deckung aller verbleibenden Kosten übrig bleiben. Das bedeutet: Die Personalkosten wären jetzt wieder 30%. Ich hätte aber plötzlich 28,56 Euro zur Deckung aller anderen Kosten, nicht mehr 17,17 Euro. "Prozentuale" Aufschläge sind schon lange Quatsch in der Gastronomie. Kalkulation muss feiner, besser sein. 

Was allerdings niemals Quatsch in der Gastronomie war oder ist, ist der zahlende Gast. Niemand würde seinem Stammlokal eine Erhöhung der Hauptspeisen von 35,00 Euro auf 48,50 Euro verzeihen. Der Laden wäre leer. In vier Sekunden. 

Es bedarf also einer genauen Analyse des Angebotes. Was hat sich im Einkaufspreis verändert? Was sollten wir austauschen? Wo sind die Deckungsbeiträge gut? Wo so schlecht, dass wir eine notwendige Preiserhöhung nicht so weitergeben können.

Und wir müssen das Kind beim Namen nennen: Bei stark gestiegenen Personalkosten und vielen weiteren Kosten, mit der Idee, die Preise nicht radikal zu erhöhen, bleibt nur ein Weg: Der Wareneinsatz muss sinken. 

Der Laie würde hier jetzt wieder denken: Ah, ich bekomme jetzt also weniger für mein Geld!

Der Profi wird dem widersprechen. Ein sinkender Wareneinsatz kann das bedeuten. Muss es aber auch nicht. Wer aber den Wareneinsatz senken will, ohne die Qualität zu senken, hat viel (unbezahlte) Arbeit vor sich. Er muss bessere Produkte suchen, die weniger kosten. Gerade bei Spirituosen, einem hart umkämpften Image Game, bei dem man Begehrlichkeit und Marke sehr teuer bezahlt, kein unlösbares Problem. Man muss verhandeln, neue Produkte und  Lieferanten suchen, neue Konditionen aushandeln, Prozesse überdenken, Nebenkosten senken. Und muss dabei nicht die Qualität verlieren.

Hat man früher oft mit Wareneinsätzen von 30% gerechnet, sind es heute, bei den hohen gestiegenen Kosten, oft eher um die 20%.

Auf unseren Hauptgang gerechnet bedeutet diese Verschiebung: 

Hauptgang : 35,00 € 

abzgl. MwSt.:  -5,59 €

Netto: 29,41 €

War der Wareneinsatz beim gleichen Gericht

früher: 8,32 €

heute: 5,88 €

Rechnerisch bekommt der Gast also weniger Ware für sein Geld. Aber weniger Einkaufspreis muss nicht zwingend weniger Qualität bedeuten. Sondern mehr „Arbeit“ rund um den Wareneinsatz.

Wichtig ist, dass das Erlebnis für den Gast gleich bleibt: ein fantastischer Abend. 

Der Gastronom, das Lokal, muss die Marke sein. Sie muss für Qualität stehen. 

Wareneinsatz sollte dein neuer Abenteuerspielplatz sein. Ein Teil deiner Kreativität muss vom Teller, vom Glas, in den Wareneinsatz wandern. Lebe dich da mal so richtig aus. Deine BWA wird es dir danken. Und die Gäste auch.