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Rauchen, Handy und andere Fokus Verluste.

Wie kann ich eine Bar bauen, die Mitarbeitende zu mehr Zeit am Gast bewegt?
Rauchen, Handy und andere Fokus Verluste.

Heute habe ich Feedback erhalten. Bestätigung. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Es ging um den Artikel gestern. Das Happiness Forgets ist eine ganz besondere Bar. Und ein ehemaliger Mitarbeiter, der auf meinem 7cl-business Newsletter ist und den ich gut kenne, sieht das ganz genauso. Die Magier erklärt er noch weiter. Hier ein Auszug aus seinen Zeilen:

…” ich habe dort ja auch mal eine Zeit lang gearbeitet und empfand die Bar immer als das Musterbeispiel für eine Bar mit allen Aspekten, die du hier bereits beschrieben hast. Da ich in erster Linie auch im "Office" gearbeitet habe, habe ich zumindest einen kleinen Einblick bekommen. Ich denke die "Magie" die hier stattfindet, sind drei Komponenten;

  •  zum einen wird der/die Bar back ins Geschehen mit einbezogen, man wurde immer "gezwungen", mit den Gästen zu interagieren und wurde auch vorgestellt, als vollwertiges Mitglied der Bar - was in deinen Bars ja auch immer gelebt wurde, aber in den meisten anderen Bar eben nicht, 
  • Dann kommt hinzu - und ich denke, das ist der wichtigste Punkt - man kann sich nirgends verstecken, man ist immer präsent. Häufig wird das Back Office genutzt, um durchzuatmen, sich über Gäste aufzuregen, kurz von seinem Lieblingsmitarbeiter geneckt zu werden - all das ist ja auch ein kurzer und doch anhaltender Verlust des Fokus und dort findet das einfach nicht statt. 
  • Und es ist allgemein eine magische Atmosphäre, die (zumind. früher) ausgezeichnet ausgewählte Playlist, die gesamte Akustik des Raum, die Lautstärke der Shaker, die kecken Sprüche der Mitarbeitenden - ich glaube man benötigt hier ein wenig Disruption. Ähnlich wie in einem Punk Rock Song, oder bei Live Orchestern - grade die kleinen Fehler, die kratzende Stimme, der nur zu 99 % getroffene Ton - machen es zu einem menschlichen und vor allem kreativen - nicht reproduzierbarem Erlebnis - kein Konstrukt (und doch ist es natürlich konstruiert), kein Skript, keine Marketing Tricks - ausschließlich echtes Leben in diesem kleinen, manchmal verschwitzten Keller. “...

Danke. Das Feedback zum 7cl Newsletter, meist eine tolle Email am Tag, ist sehr inspirierend und für mich unbezahlbar.

Zu Punkt 2. Fokus. Stimme ich zu einhundert Prozent zu. Und, auch wenn ich gestern das hohe Loblied auf das Office gesungen habe, stimmt genau das, was die E-Mail aussagt.

Office ist verlockend. Man verliert den Fokus. Viel schlimmer noch: Man verbringt viel zu viel Zeit Backstage. Ist lieber hinten, redet mit Kollegen und Kolleginnen, checkt sein Social Media, und hat den eigentlichen Fokus auf die Arbeit verloren: den Gast. Vorne sein. Gute Laune verbreiten. Darum geht es. Jenseits der Pausenzeiten.

Und auch bei uns passiert das. Gar nicht so selten. Leider. Das ist ein stetiger Kampf. Das kennt jeder Gastronomiebetrieb. Das gibt es, seitdem ich in der Gastronomie arbeite. 

Aber je mehr ich über die Feedback-Mail nachdenke und auch heute Morgen schon mit meiner Frau besprochen habe, wird klar: Der Fokus geht immer mehr verloren. Auch bei uns. Und die Grenzen sind fließend. Ich selbst bin intensiver Smartphone / Social Media Nutzer. Endorphine verseuchte Ablenkung. Wer mag es nicht. Aber: Wenn ich am vollen Wochenende in der Bar bin, kann ich andererseits problemlos 4,5 oder 6 Stunden ohne Pause oder Ablenkung mich nur um den Service, Tür und Gäste kümmern. Natürlich gehen die Schichten länger. Aber man nutzt nach solchen Zeitslot auch einmal 5 Minuten Backstage für eine kurze Auszeit. Aber tatsächlich nimmt der Focus auch ab. Einige Mitarbeitende sind mehr hinten, öfters mal schnell am Handy, brauchen schneller eine Auszeit, die Raucherpausen (mit Handy dann eher “Social Media Pause mit Nikotin Versorgung”) nehmen deutlich zu.

Erfahrungsgemäß bringt eine harte Regel wenig. Intrinsische Motivation wäre toll. “Von sich aus” Bock auf Gäste haben. Und das haben unsere Mitarbeitenden. Ich weiß, dass sie den Job lieben.  Aber die mittlerweile allgegenwärtige Verlockung zur Ablenkung, der Fokus-Verlust, die Droge Dopamin, sind halt wirklich hart. 

Interessanter ist eher, wie in der E-Mail beschrieben, welche Designs solchen Fokus begünstigen. Und welche Gestaltungen dafür sorgen können, dass die Versuchung zur Ablenkung einfach nicht so verlockend ist. 

Arbeitsauftrag verstanden. Ich freue mich auf Anregungen.

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Artikel gestern: https://www.7cl-business.de/warum-ist-im-happiness-forgets-alles-so-gut/