Schlangen bilden
Freitag Abend. Ich stehe an der Tür. Ich „mache“ die Tür. Wir nehmen seit einigen Monaten schon keine Reservierungen mehr an. Aber der Löwe und der Pine Room sind voll. Sehr voll. An der Grenze. Es ist 22 Uhr irgendwas und jetzt muss ich umschalten. Jetzt startet das Spiel. Die Kunstform. Die Herausforderung. Umstellen von „Gäste im Raum dazustellen“ zu „draußen Schlang bilden“.
Das ist der kritische Moment. Insbesondere, wenn du keine Gäste verlieren willst. Die Schlange zu starten, ist eine Kunstform. Zwei Personen, im schlimmsten Fall ein Pärchen, sind eine schlechte Idee. Pärchen warten fast nie. Also nicht als Erstes. Eine vierer Truppe ist gut. Insbesondere, wenn die gut gelaunt auflaufen. Die warten. Sind locker.
Um die Schlange aufzubauen, muss man draußen stehen. Man muss beobachten, in welcher Laune die Gäste kommen. Und dann aufbauen.
Am besten funktioniert es, wenn du zwei Gruppen hintereinander hast. Du hast zwar Platz, lässt die erste Gruppe aber 4 - 5 Minuten warten, um diese dann hereinzubitten. Das schafft Vertrauen. Die zweite Gruppe denkt dann „ach guck mal - ging doch ganz schnell.“
Wenn du zwei, drei Gruppen stehen hast, 8–10 Personen, kehrt Frieden ein. Auch Pärchen reihen sich jetzt wundersamer weise ein. Eine Schlange ist Magie.
Das Klingeln hört auf. Gäste stehen in der Schlange. 2–3 verlassen die Bar, 2–3 wartende kommen rein. Jetzt musst du die Schlange pflegen. Sie darf nicht abbrechen. Aber du darfst im Idealfall auch niemanden länger als 20 Minuten warten lassen.
Zur Not Champagner.
Aber wer seine Schlange pflegt, hat über Stunden durchgehend gutes Geschäft. Vier gehen. Vier rein.
Regen, Schmuddelwetter und eiskalter Wind sind die natürlichen Feinde der gepflegten Schlange. Bald wird es eiskalt. Ich überlege bereits, welches kleine Heißgetränk, natürlich alkoholisch, wir der Schlange im Winter anbieten.
Denn eine Schlange ist gutes Business. Aber sie will gepflegt sein.