Wer zahlt, bestimmt die Musik
Eine neue Nachricht im Teamchat: “Ich möchte mich entschieden und ausdrücklich gegen diese unfassbar hässlichen Tagungsraum Kaffee Kannen, die wohl als Wasserkaraffen fungieren sollen, aussprechen. Direkt wieder abschaffen, meiner Meinung nach.”
“Eine teure Meinung” dachte ich mir lächelnd. Sie kostet uns einige hundert Euro im Jahr.
Was war passiert?
Mein 7cl-Newsletter wirkt. Am besten bei mir selbst. Vor ein paar Tagen habe ich einen Artikel zum Glasbruch geschrieben. Und dafür wurden die Glasbruch Zahlen des letzten Jahres zusammengetragen. Und an zwei Positionen habe ich gedacht: Holy Moly.
Wir nutzen 2 Liter Glas Karaffe, um unseren kostenlosen Wasserservice anzubieten. Sprich am Tisch nachzuschicken. Diese Glaskaraffen brechen. Leider zu oft. Sie stoßen beim Abstellen zusammen oder in der Spüle. Genau weiß ich es nicht. Ich habe nur für knapp 8 Monate, also 2024, geschaut, und es sind knapp 20 kaputtgegangen. Ich denke, wir landen so bei 30 Stück im Jahr. Oder mehr. Denn Winter ist Prime Time.
Der andere Glasbruch-Kandidat aus der Hölle sind Rührgläser. Gläser mit Ausgusslippe, in denen Drinks gerührt werden. Seit vielen Jahren gibt es diese auch in diversen Metallausführungen. Aber als wir das Le Lion eröffnet haben, gab es nur Glas. Und ehrlich gestanden finde ich es schön. Das Farbspiel vor dem Gast. Es verkauft. Es gehört mit zum Entertainment. Die Anzahl und der Preis der kaputten Rührgläser brechen andererseits das Herz des Kaufmanns. Das ist so gar kein Entertainment.
Sparsamkeit ist gut. Heute würde man das eher als Nachhaltigkeit verkaufen. Aber Bruch ist oft unnötige Verschwendung. Also habe ich Muster bestellt.
Zum einen von Edelstahl-Wasserkaraffen. So Typ schlichtes Nordic Design. Elegant. Sogar mit Einsatz, was im Sommer Eiskühlung erlaubt. Sie enthalten 1,7 Liter statt 2,2 Liter. Das bedeutet, im vollen Haus natürlich öfter aufzufüllen. Andererseits schenken wir die großen Karaffen eher selten gesamt leer, bzw füllen sie selten gesamt voll, um eine Servicerunde Wasser zu starten, da eine sehr volle Karaffe das Einschenken am niedrigen Gästetisch verzögert. Mir erscheint die geringe Menge eher sinnvoll. Und die lange Ausgusslippe ist eher vorteilhaft beim Einschenken. Hinzu kommt: Die Glaskaraffen benötigen eine zusätzliche aufwändige Reinigung alle paar Tage, da sich mit der Zeit leichte Kalk Schlieren bilden und das nicht akzeptabel ist.
Bei den Rührgläsern aus Metall ist es nicht so einfach. Ich habe mit zwei Bartendern vom Team bereits dazu gesprochen, und es gibt verschiedene Meinungen dazu, wie sich andere Größen und Material auf die Drinks und die Verwässerung auswirken. Das werden wir testen. Und natürlich sind solche Unterschiede oft “gut zu wissen”. Aber wahrscheinlich marginal. Ich mag aber die Zubereitung im Glas vor den Augen des Gastes. Weil es Upselling ist. Die Atmosphäre ausmacht. Verkauft und einen besonderen Moment kreiert. Andererseits haben wir sehr kleine Rührbecher gefunden. Sehr sexy. Auch ein Hingucker.
Die Bar ist eine Bühne. Jede Gastronomie. Und das Bar-Business ist wiederum Effizienz und Betriebswirtschaft. Man muss aufpassen, dass sich beide in Waage halten. Und im Zweifelsfall für den Gast, also was den Laden voll macht.
Für mich ist die Entscheidung bei der Karaffe eigentlich schon durch. Natürlich warte ich den Praxis-Test ab. Wie verhält es sich in der Spülmaschine? Gibt es Materialprobleme, ist die Ausgusslippe gut. etc. Solche technischen Details sind wichtig. Die Summe vieler guter Entscheidungen macht einen funktionierenden Service aus. Wenn ich hier jetzt nicht drüber geschrieben hätte, hätten diese Karaffen “am Gast” nach meiner Einschätzung genau 3 Sekunden Aufmerksamkeit bekommen. Von wahrscheinlich maximal 3% der Gäste. Der Wasserservice ist kostenlos, läuft nebenbei, muss klappen. Ob Glas oder Metall, wird den Gästen egal sein. Auch wenn, zumindest laut Teamchat, ein Mitglied des Teams hier eine andere Design-Assoziation hat.
Bei den Rührgläsern hingegen müssen wir nochmal eintauchen. Pros und Cons abwägen. Denn es betrifft zum einen die Qualität der Getränke. Und die Bühne. Quasi Core Business.
Bei Hochzeitsfeiern auf unserem Saalbetrieb in Niedersachsen galt die Regel “Wer zahlt, bestimmt die Musik.” Natürlich bespricht man Änderungen mit dem Team und sammelt Erfahrungswerte. Nur gerade was Design, Ausrichtung und Geschmack in Kombination mit den Zahlen angeht, muss einer entscheiden. Möglichst schnell. Das Ding muss eine Richtung bekommen. Auch wenn andere jetzt mit “unfassbar hässlichen Tagungsraum Kaffee Kannen” leben müssen.